Nein, schäbig oder heruntergekommen ist hier gar nichts. Zwar bedeutet Shabby-Chic tatsächlich „schäbiger Schick“, allerdings ist das eher im übertragenen Sinne zu verstehen. Der Look setzt ganz einfach auf Vintage. Er kombiniert munter Altes und Neues, ist nostalgisch und nicht zuletzt auch sehr romantisch. Gut gemacht wirkt das sogar äußerst stilvoll. In jedem Fall aber hat Shabby-Chic eine zutiefst persönliche, individuelle Note.

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Inspiriert von alten englischen Landhäusern

Der Shabby-Chic stammt ursprünglich aus Großbritannien und entstand dort in den 1980er Jahren. Erfunden hat ihn die englische Innenarchitektin Rachel Ashwell. Sie war fasziniert von den Einrichtungen alter englischer Landhäuser, in denen die Zeit stehengeblieben zu sein schien. Nicht umsonst ist deshalb auch gerne von Country-Chic die Rede. Ashwell hatten es vor allem die alten, seit Generationen dort befindlichen Möbel angetan. Dass sie zum Teil deutliche Gebrauchsspuren aufwiesen, störte sie nicht. Sie sah darin keinen Makel, sondern gespeicherte Erinnerung.

Gleichzeitig zog sie auch die Kombination mit anderen Erinnerungsstücken, die in den Häusern des niederen Landadels zu finden sind, geradezu magisch an. Ja, das alles wirkte vielleicht etwas herunter-, auf jeden Fall aber in die Jahre gekommen. Es vermittelte ihr aber auch ein Gefühl von Wärme und Geborgenheit. Kurzum: Ashwell griff diesen Look auf und eröffnete einen Laden, in dem es alte, gebrauchte Möbel und Accessoires zu kaufen gab. Der Shabby-Chic war geboren. Die findige Innenarchitektin hatte damit allem Anschein nach einen Nerv getroffen. Der neue Einrichtungsstil verbreite sich rasch weltweit. Und der Boom hält es heute an.

Individualität, Vintage-Style und der Gedanke der Nachhaltigkeit

Keine Frage: Der Shabby-Chic ist eine Erfolgsgeschichte. Das liegt nicht zuletzt darin begründet, dass er drei gesellschaftliche Megatrends bedient. Da ist zum einen die Retro- bzw. Vintagewelle, die Ende der 80er Jahre begann. Altes Design und alte Materialien wurden und werden einfach als natürlicher, ja angenehmer empfunden als die oftmals unterkühlte Zweckmäßigkeit der Moderne.

Uhren, Brillen, Taschen und selbst Elektrogeräte im Großmutter-Stil verkaufen sich noch immer gut. Kein Wunder: Sie vermitteln ein Gefühl von Nostalgie und Zeitlosigkeit. Gleichzeitig greift Shabby-Chic aber auch den Gedanken der Nachhaltigkeit mit auf. Alte Möbel und Einrichtungsgegenstände, die wieder genutzt werden und nicht auf dem Müll landen, schonen die Ressourcen und damit die Umwelt. Das macht nicht nur Sinn, sondern hilft auch beim Sparen.

Der dritte Megatrend, aus dem sich der Shabby-Chic speist, ist der der Individualisierung. In einer Zeit, in der alles immer gleichförmiger, konformer zu werden scheint, wollen sich die Menschen mehr und mehr wieder als einmalige Individuen begreifen. Da der Shabby-Chic praktisch alle Freiheiten gewährt, ist es problemlos möglich, die eigene Persönlichkeit in den Look einzubringen. Das beginnt beispielsweise bei der Kommode, an der sich schon die Oma frisiert hat und endet noch lange nicht beim Spielzeug, mit dem man einst viel Freude hatte. Letztlich geht es beim Shabby-Chic wohl immer auch um Erinnerung, um nostalgische Gefühle und um Geborgenheit. Es dürfte jedenfalls kaum einen Einrichtungsstil geben, der derart viel Individualität zulässt.

Shabby-Chic: Die zentralen Elemente

Im Mittelpunkt einer Einrichtung, die sich am Shabby-Chic orientiert stehen natürlich die Möbel. Sie dürfen und sollen alt bzw. gebraucht sein. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich nun um einen alten Schrank vom eigenen Dachboden handelt oder um ein Kästchen, das man auf dem Flohmarkt gekauft hat. Es gilt: Hauptsache gebraucht.

Natürlich gibt es zwischenzeitlich auch ein umfangreiches Angebot an neuen Möbeln, die ganz bewusst auf alt getrimmt und mit künstlichen Gebrauchsspuren versehen wurden. Wer Shabby-Chic allerdings wirklich ernst nimmt, wird darauf verzichten. Mindestens ebenso wichtig wie die Möbel sind die Accessoires. Auch hier stehen alte und gebrauchte Objekte im Vordergrund. Was jedoch vor allem zählt, ist die Liebe zum Detail. Gerade die Accessoires wie beispielsweise Vasen, Geschirr, Bilder, Skulpturen, Deckchen oder Puppen sorgen für den oftmals verspielten Eindruck, der auch zu diesem Look gehört. Da Shabby-Chic aber nichts Dogmatisches an sich hat, dürfen alle diese Elemente selbstverständlich auch mit neueren Gegenständen kombiniert werden. Wichtig sind einfach der persönliche Ausdruck und ein Höchstmaß an Individualität.

Der Shabby-Chic im Wandel der Zeit

Natürlich erfährt auch so ein langlebiger Trend wie der Shabby-Chic im Laufe der Jahre gewisse Veränderungen. Waren es anfangs vor allem dunkle Farbtöne, die den Look bestimmten, so dominieren heute eindeutig helle, pastöse Töne das Bild. Hinzu kommt, dass sich der Einrichtungsstil heute deutlich femininer, verspielter und romantischer präsentiert.

Der Grund dafür ist wahrscheinlich schlicht, dass es vor allem Frauen sind, die die Einrichtung letztlich gestalten. Shabby-Chic wirkt gegenwärtig jedenfalls deutlich freundlicher und noch nicht einmal ansatzweise düster. Geschaffen werden jeweils Wohlfühloasen, in denen man sich einfach gerne aufhält. Zu einem weiteren aktuellen Merkmal hat sich darüber hinaus der Umstand entwickelt, dass die Einrichtung permanent erweitert wird. Die betrifft vor allem die Accessoires. Gerade für Sammler ist dieser Einrichtungsstil deshalb so etwas wie das Nonplusultra.

Schäbig vielleicht, aber nicht schmuddelig

Auch wenn es sich zunächst womöglich nicht so anhört: Shabby-Chic hat nichts mit Schmutz oder mangelnder Hygiene zu tun. Die Möbel und Accessoires mögen zwar alt sein und mitunter deutliche Gebrauchsspuren haben, sie sind deshalb aber noch lange nicht schmutzig oder gar unhygienisch. In der Regel findet vorab nämlich eine sogenannte Aufarbeitung statt. Die beinhaltet neben einer gründlichen Reinigung auch kleinere Reparaturen. So werden beispielsweise Schubladen wieder gängig gemacht oder Schlösser erneuert. Gar nicht so selten findet auch eine komplette Umgestaltung statt. Der Charme des Alten bleibt dabei erhalten, die Funktion und das Aussehen ändern sich. Ein altes Nachtkästchen verwandelt sich da etwa in eine kleines Bücherregal, das an der Wand angebracht wird. Oder eine historische Türe wird zum Schreibtisch transformiert. Shabby-Chic hat eben auch sehr viel mit Kreativität und Fantasie zu tun. Es geht schlicht um die Lust an der Gestaltung. Perfekt ist der Look dann, wenn man sich mit ihm identifizieren kann und er eine eigene Handschrift hat. So gesehen wird uns dieser faszinierende Einrichtungstrend wohl noch sehr lange begleiten. An alten Möbeln und Gegenständen wird hoffentlich auch in Zukunft kein Mangel herrschen.

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